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18.07.2018

In Generationen gedacht - energieeffizient Sanieren

Mit modernster Technik und viel Liebe zum Detail hat der Miesbacher Michael Brünner sein historisches Firmengebäude saniert und zu einem Plus-Energie-Haus umgebaut. Der selbst erzeugte Strom reicht auch für das Elektrofahrzeug.

Das energetische Schmuckstück steht direkt neben der Kirche im Stadtzentrum von Miesbach. Hausherr Michael Brünner freut sich, dass das Haus „drei Energiezeitalter“ durchlebt hat, wie er es nennt. Es wurde um 1848 gebaut, als der Bergbau in Miesbach aufblühte und das Kohlezeitalter begann. 1913, als sich der Bergbau nach Hausham verlagerte, wurde das Haus verkauft. In den 1950-er Jahren mit dem Beginn des Erdölzeitalters erwarb Familie Kolb das Anwesen. Wie passend, dass die neuen Eigentümer ein Bus-Unternehmen betrieben. 2012 läutete Michael Brünner das dekarbonisierte Zeitalter ein: weg von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien.

Im Jahr 2017 begann die Sanierung. Die Planungszeit betrug 2,5 Monate, sechs Monate lang wurde umgebaut. Nach Abschluss der Arbeiten zog der Ingenieur mit seiner Firma EST EnergieSystemTechnik GmbH vom Stadtplatz in Miesbach in das neue Domizil. In den 13 Zimmern mit insgesamt 250 Quadratmetern Fläche sind 14 Arbeitsplätze untergebracht, die die Ingenieure, Techniker und technischen Zeichner von EST nutzen.

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Auf die Lebensdauer kommt es an

Das Haus fällt unter den Ensembleschutz der umliegenden Gebäude. Für die Kaufentscheidung spielte das keine Rolle, weil Haustechnik, technische Gebäudeausstattung sowie Ingenieurleistungen im Gebäude- und Energiebereich zu den Kernkompetenzen von Michael Brünners Unternehmen gehören. „Wir haben alles selber geplant, nur punktuell einen Architekten hinzugezogen.“

Wichtige Prämissen bei der Planung: Die Lebenszeit des Hauses beträgt mindestens 30 Jahre. Das Gebäude bleibt in seiner Grundstruktur erhalten. Ein Grund dafür war auch die „graue Energie“, die in den Mauern steckt. Damit ist die zur Herstellung eines Gebäudes benötigte Energie gemeint – in den Ziegeln, im Beton, in allen Rohstoffen, die in früheren Zeiten produziert wurden.

Nach dem Kauf wurde entschieden, was man erhalten kann und will. Dazu gehörte vor allem das handgefertigte Holztreppenhaus. Um es zu schützen, wurde es bei der Sanierung komplett verschalt. Gleiches galt für die alten Eichentüren.

„Bei der Planung ist entscheidend, vorab die vier Schichten eines Gebäudes zu definieren: Statik, Luftdichte, Wasserdichte und Wärmedämmung. Wichtig ist, dass diese vier Schichten inklusive Dach durchgängig intakt sind und nicht unterbrochen werden. Sonst können zum Beispiel Wärmebrücken entstehen“, erklärt Michael Brünner. Er weiß auch: „Der Sanierungsfall stellt an den Planer besondere Anforderungen, es muss ein Gesamtkonzept geben, das alle Gewerke umfasst. Denn die einzelnen Handwerker können oft gar nicht wissen, wo Dämmung sowie Luftdicht- und Wasserdichtebene verlaufen sollen.“

Durchgängiges Konzept

Diesem Konzept folgte er bei der Sanierung konsequent und entschied sich für die funktionale Trennung von Statik und Dämmung. Die alten Mauern sorgen für die Statik. Das Haus ist nur im Eingangsbereich unterkellert, die Außenwände reichen frostsicher etwa 70 Zentimeter tief ins Erdreich. Bis zu dieser Tiefe wurden sie bei der Sanierung freigelegt und bis in den Sockelbereich hinauf mit einer dünnen Betonschicht versehen. „Diese Maßnahme soll verhindern, dass Wasser in die Mauern eintritt“, so Michael Brünner. Im Sockelbereich brachte er darauf eine Perimeterdämmung aus Styrodur und eine Noppenfolie an.

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Für Luftdichte sorgt der alte Putz, der mit speziellem Baukleber an porösen oder rissigen Stellen ausgebessert wurde. Als nächste Schicht folgt eine 23 Zentimeter dicke Mineralfaserdämmung. „Diese Mineralfaserplatten sind diffusionsoffen, das heißt, gegebenenfalls aufsteigende Feuchtigkeit kann austreten. Das ist bei einem Altbau wichtig, weil sich möglicherweise doch kleine Stellen verbergen, an denen Wasser eintritt. Und sie saugen im Vergleich zur Holzweichfaserdämmung kein Wasser auf“, so Brünner, der in diesem Anwendungsfall die Mineralfaserplatten der Holzweichfaser als Dämmung vorgezogen hat. Auch unter dem Aspekt der Langlebigkeit seien die Mineralfaserplatten die bessere Wahl.

Für die letzte Schicht, die Wasserdichte herstellt, wählte der Bauherr zweilagigen Dickbettputz: zuerst Zementputz mit Armierung, der Stabilität bringt, und dann klassischen Kalkputz, der in Form und Farbe gestaltbar ist. Er schützt auch gegen Hagel und Spechtlöcher.

Ausgeklügelte Details

Die Fenster wurden ganz außen in die Laibung gesetzt. Das garantiert den wärmebrückefreien und wirtschaftlichen Einbau in die Dämmung. Außerdem lassen sich größere Fenster einbauen als bei mittigem Einbau. Folie rund um jedes Fenster garantiert den passgenauen Anschluss an die Luftdichtebene. Und bei der Verstärkung der alten Dachkonstruktion achtete Michael Brünner darauf, dass die Luftdichtebene von den neuen Balken und Sparren nicht verletzt wird.

Für die Haustechnik nutzte der Bauherr clever moderne Technik auf Basis erneuerbarer Energien wie zum Beispiel eine Photovoltaik-Anlage als Indach-Lösung, die dank des besonderen Aufbaues vom Wind hinterlüftet wird. Das kommt der Anlagenleistung zugute.

Das Haus benötigt keine zusätzliche Kühlung, verfügt aber über eine kontrollierte Lüftung, die die Luft ansaugt und filtert. Im Winter wird sie durch den Wärmetauscher geleitet, der Wärme und Feuchte zurückgewinnt, im Sommer nicht. Damit ergibt sich im Winter eine Raumluftfeuchte von circa 50 Prozent.

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Jetzt freut sich Michael Brünner über das Level „Passivhaus im Bestand“, das 17 Prozent über dem „Passivhaus“-Standard für Neubauten liegt. Es erzeugt zudem bilanziell mehr Strom, als es verbraucht (inklusive E-Auto) und darf sich daher Plus-Energie-Haus nennen.

Autor: oberlandALTERNATIV