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25.10.2017

Energie-Gewinnung nebenbei

Wie bei der VIVO Warngau aus Biomüll wertvoller Kompost, Strom und Wärme wird.

Bei uns landet er achtlos in der Tonne, doch die VIVO in Warngau veredelt ihn in wertvolle Energie und hochwertigen Kompost: unseren Biomüll. Zirka 110 Kilogramm Biomüll produziert jeder Landkreis-Bürger pro Jahr. Bei fast 100.000 Einwohnern kamen so 2016 ungefähr 10.600 Tonnen Biomüll bei der VIVO („Kommunalunternehmen für Abfall-Vermeidung, Information und Verwertung im Oberland“ unter Trägerschaft des Landkreises Miesbach) an. Eine kombinierte Biomüll-Vergärungs- und Kompostieranlage generiert daraus, vereinfacht gesagt, neben Kompost zuerst Biogas, dann Strom und Wärme.

Kein Ergebnis gefunden.

Eine solche Anlage, wie sie seit 2012 in Warngau genutzt wird, ist eine Seltenheit. Zuvor wurde hier wie bei vielen Abfallwirtschaftsunternehmen Biomüll nur traditionell kompostiert. „Als diese Kompostieranlage nach 16 Jahren jedoch die Altersgrenze erreichte, suchten die Verantwortlichen nach innovativen Technologien“, erklärt VIVO-Vorstand Thomas Frey. Die Entscheidung fiel auf die 6,1 Millionen teure kombinierte Biomüll-Vergärungs- und Kompostieranlage, denn: Neben der standardmäßigen Kompostierung wird aus Abfall Energie gewonnen, was – quasi als positiver Nebeneffekt – zur Senkung der Kosten für die Abfallbeseitigung beiträgt. Jeder Rest des Biomülls wird so sinnvoll wiederverwendet.

Das Verfahren der Umwandlung von Biomüll in Biogas, um das sich sechs der 112 VIVO-Mitarbeiter im täglichen Betrieb kümmern, klingt einfach: Wöchentlich wird der Biomüll aus den braunen Tonnen im Landkreis eingesammelt, gewogen und vorbehandelt. Dazu entzieht ein Magnet zuerst Metall, beispielsweise vergessenes Besteck. Im nächsten Schritt sortiert ein Mitarbeiter von Hand nach und entfernt Plastik- und Verpackungsreste sowie sonstige Störstoffe. „Einmal fand ein Mitarbeiter sogar einen ausgestopften Alligator im Biomüll“, erinnert sich Frey. Den Weg in einen der vier Stahlbetontunnel („Fermenter“) finden dann aber nur die biologisch abbaubaren Abfälle. Dort werden sie zunächst belüftet, sodass sie sich selbst erhitzen. Dann werden die Tunnel luftdicht verschlossen und das Material mit vorgewärmtem Prozesswasser besprüht. Für die kommenden drei Wochen arbeiten die biogaserzeugenden Bakterien in Ruhe an der Zersetzung und Umwandlung der Stoffe.

Anschließend folgt die Kompostierung. Vermischt mit frischem, strukturreichen Grüngut wird das Material aus den Fermentern in die sechs Rottetunnel ausgebracht, dort über vier Wochen mehrmals umgesetzt und „hygienisiert“ (Abtötung von Unkrautsamen und Krankheitserregern). Zum Schluss wird der Kompost in der Feinaufbereitung gesiebt und bis zur Abgabe gelagert.

Kein Ergebnis gefunden.

Der nährstoffreiche Kompost, der durch diesen Prozess entsteht, ist zertifiziert durch die Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. und unterliegt damit strengen Qualitätskontrollen. Wegen dieser Inhaltsstoffe ist der Kompost zur Düngung im Garten- und Landschaftsbau und in der Landwirtschaft gefragt. Unternehmer und Bürger können ihn direkt bei der VIVO in Warngau oder in handlichen Säcken verpackt beim örtlichen Wertstoffhof beziehen. Dass der Kompost qualitativ so hochwertig ist, hat zwei Gründe: Alle Störstoffe – zirka ein Prozent des angelieferten Mülls – wurden entnommen, außerdem müssen aufgrund der natürlichen Prozesse keinerlei Zusatzstoffe hinzugefügt werden. Voraussetzung ist natürlich, dass Bürgerinnen und Bürger den Müll ordentlich trennen. Kein Problem im Landkreis, lobt Vorstand Frey: „Wir haben einen sehr hohen Anschlussgrad und liegen weit über dem bayerischen Durchschnitt.“

Neben dem Kompost wird das bei der Vergärung entstandene Biogas verwertet. Es wird zunächst in einem Blockheizkraftwerk verbrannt, dann erst in mechanische und später mittels eines Generators in elektrische Energie, also Strom, umgewandelt. Der Strom wird ins Stromnetz eingespeist, die anfallende Wärme im Fermentierungs- und Hygenisierungsprozess wiederverwendet. Neben zirka 5.000 Tonnen Kompost entstehen auf diese Weise auch ungefähr 1.784 Megawattstunden Strom und 2.200 Megawattstunden Wärme. Die „nebenbei“ gewonnene Energie hilft, die Kosten für die Abfall-Verwertung deutlich zu senken.

Es sei kein Luxus, einen solchen Aufwand mit Biomüll zu betreiben, betont Vorstand Frey. Im Gegenteil: Seit 2015 besteht sogar die gesetzliche Verpflichtung, Biomüll gesondert einzusammeln und zu verwerten. Alternativ zu einer kombinierten Vergärungs- und Kompostieranlage wäre möglich, die Abfälle herkömmlich zu kompostieren, ohne durch Biogas Energie zu erzeugen.

Für die Müllwirtschaft im Landkreis war die kombinierte Anlage die beste Lösung – ganz abgesehen vom Idealismus, aus Biomüll zusätzlich Energie zu generieren. „Ganz nüchtern betrachtet ist es unsere Aufgabe, Abfall umweltschonend zu verwerten, und das machen wir mit dieser Technologie auf jeden Fall“, sagt Frey.

Autor und Fotos: Sophie-Marie Stadler