Seiteninhalt

Zweifel der Fahrerlaubnisbehörde an der Fahreignung bzw. der Befähigung zum Führen von Fahrzeugen oder der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen

Die Fahrerlaubnisbehörde hat grundsätzlich sowohl bei Bewerbern um eine Fahrerlaubnis, als auch bei Inhabern einer Fahrerlaubnis zu prüfen, ob der/die Betroffene zum Führen von Fahrzeugen

  • geeignet ist. Hierzu hat der/die Betroffene
  1. die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen zu erfüllen und
  2. nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze zu verstoßen.
    Auch dürfen keine Anhaltpunkte für ein hohes Aggressionspotential vorhanden sein (§ 2 Abs. 4 Satz 1 StVG bzw. § 3 Abs 1 StVG i.V.m. § 11 Abs. 1 FeV).
    Unter gewissen Voraussetzungen ist ein Bewerber/Inhaber auch auf Grund körperlicher oder geistiger Mängel bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet (§ 2 Abs. 4 Satz 2 StVG i.V.m. § 23 Abs. 2 FeV).
    Die bedingte Eignung ist bei Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze jedoch auszuschließen.
    Die Voraussetzungen hierfür sind in §§ 11 – 14 FeV sowie der Anlagen 4 – 6 zur FeV geregelt.
  • befähigt ist. Dies wird in § 2 Abs. 5 StVG bzw. § 3 Abs 1 StVG i.V.m. §§ 15 – 18 FeV geregelt

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers/Inhabers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller diverse Gutachten beibringt (§ 2 Abs. 8, § 3 StVG i.V.m. §§ 22 Abs. 2, 11 Abs. 2, 46 FeV).
In vielen Fällen hat die Fahrerlaubnisbehörde keinen Ermessensspielraum bei der Anordnung zur Vorlage eines entsprechenden Gutachtens.

Hierzu wird auf die gesetzlichen Bestimmungen

verwiesen.

Darüber hinaus muss die aktuelle Rechtssprechung beachtet werden.

Bei der Beförderung von Fahrgästen hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber hinaus zu prüfen, ob der/die Betroffene die Voraussetzungen für die besondere Verantwortung erfüllt (§ 11 Abs. 1, Abs, 4 Nr. 8, § 48 FeV).

Nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen ist zuverlässig, wer die Erwartung rechtfertigt, dass er den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ausübung der jeweiligen erlaubnispflichtigen Tätigkeit gerecht wird. Der Betroffene darf keinen Anlass zu der Befürchtung bieten, dass er sich im Rahmen der von ihm angestrebten Betätigung über die zum Schutze der Allgemeinheit oder Einzelner vor Schäden und Gefahren erlassenen Vorschriften hinwegsetzen wird.

Die persönliche Zuverlässigkeit betrifft insbesondere das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Fahrer und seinen Fahrgästen in Bezug auf deren ordnungsgemäße Beförderung. Sie ist erforderlich, weil das Beförderungsgewerbe vielfach gerade von Fahrgästen in Anspruch genommen wird, die verstärkt Gefährdungen ausgesetzt oder aus sonstigen Gründen auf Hilfe angewiesen sind, z. B. infolge Alters, Krankheit, Gebrechlichkeit, Trunkenheit oder Ortsfremdheit. Ob ein Fahrer bei Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit in diesem Sinne vertrauenswürdig ist, ist durch Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Betroffenen anhand aller bekannten und verwertbaren Umstände prognostisch zu beurteilen.

Nach §§ 11, 48 begründet bereits die auf Tatsachen gestützte Besorgnis, der Betroffene werde seiner besonderen Verantwortung bei der Fahrgastbeförderung künftig nicht gerecht werden, zwingend die mangelnde Zuverlässigkeit und damit die mangelnde Eignung. Die Gewähr für die besondere Verantwortung in diesem Sinne fehlt daher nicht nur dann, wenn die Unzuverlässigkeit als erwiesen anzusehen ist, sondern bereits dann, wenn Umstände vorliegen, die die ernsthafte Befürchtung rechtfertigen, der Inhaber der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung werde die besonderen Sorgfaltspflichten, die ihm bei der Beförderung ihm anvertrauter Personen obliegen, (zukünftig) missachten (vgl. BayVGH v. 15.7.1991, NZV 1991, 486 f.; VGH Baden-Württemberg v. 17.4.1989, NVwZ-RR 1990, 164 [165]; OVG Saarl. v. 22.6.2004, Az.: 1 W 23/04; VG München v. 4.1.2007, Az.: M 6a E 06.4693; VG München v. 25.06.07, Az.: M6a E 07.1782).

Denn gerade im gewerblichen Personenbeförderungsverkehr sind die Fahrgäste in besonderem Maße dem Führer des Fahrzeugs ausgeliefert und müssen darauf vertrauen, dass seine persönliche Zuverlässigkeit keinerlei Zweifeln begegnet.

Hinsichtlich der im Rahmen der Beantwortung der Frage nach der besonderen Verantwortung bei der Fahrgastbeförderung zu erstellenden Prognose können auch aus dem bisherigen Verhalten des Betroffenen nachteilige Folgerungen für die Zukunft gezogen werden. Insbesondere strafrechtliche Verfehlungen lassen sich je nach Einzelfall als Indiz dafür werten, dass es der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abträglich ist, den Bewerber zur Fahrgastbeförderung zuzulassen.

Auch Straftaten nichtverkehrsrechtlicher Art können in diesem Zusammenhang bedeutsam sein, wenn diese für die Beantwortung der Frage, ob der Antragsteller sich des Vertrauens, er werde die Beförderung von Fahrgästen ordentlich ausführen, würdig zeigt oder nicht, Relevanz aufweisen (BVerwG v. 19.3.1986, NJW 1986, 2779; OVG Saarl. v. 22.6.2004, Az.: 1 W 23/04; VGH Baden-Württemberg a.a.O.; VG München vom 4.1.2007, Az.: M 6a E 06.4693).
Zwar muss die Zuverlässigkeit jeweils im Bezug auf die Tätigkeit gesehen werden, für die die Erlaubnis bzw. Verlängerung begehrt wird.

Jedoch ist es nicht erforderlich, dass der Bewerber die ihm vorgehaltenen Zuwiderhandlungen in Ausübung dieser Tätigkeit begangen hat. Es reicht aus, wenn Art und Weise der Tatausführung sowie ggf. die Häufigkeit begangener Straftaten Charaktereigenschaften erkennen lassen, die sich im Falle der Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen zum Schaden der Fahrgäste auswirken können. Entscheidend ist, ob das vergangene Fehlverhalten Symptom für eine Gesinnung oder Lebenseinstellung ist, die - maßgeblich gegenüber potenziellen Fahrgästen - eine ordnungsgemäße Betätigung im Rahmen der Beförderung von Fahrgästen nicht erwarten lässt (VGH Baden-Württemberg a.a.O.; VG Aachen a.a.O.).