Wildfütterung
Hohe Wellen hat in jüngster Vergangenheit eine Fütterung für Rotwild am Tegernsee geschlagen.
Die zuständige Jagdgenossenschaft hatte sich gegen eine durchgängige Winterfütterung entschieden, weil sie nur in so genannten Notzeiten dazu verpflichtet sei. Die Jagdgenossenschaft ist dafür zuständig, insbesondere, weil sie wie in diesem Fall das Jagdrecht im Rahmen der Eigenbewirtschaftung durch angestellte, jedoch weisungsgebundene Jäger ausüben lässt.
In der Öffentlichkeit kam es zu hitzigen Diskussionen. Die Empörung der Öffentlichkeit über das Nicht-Füttern des Wildes hatte ihren Gipfel erreicht, als ein ausgezehrter Hirsch schließlich von dem Jagdleiter erlöst werden musste. Dass dieser Hirsch aber nicht verhungert war, weil er kein Futter vorgefunden hatte, sondern weil er offenbar einen doppelten Bruch des Unterkiefers erlitten hatte – wahrscheinlich bei einem Kampf mit einem Rivalen. Die beiden Vorsitzenden der Jagd-Genossenschaft Rottach-Egern Quirin Berghammer und Lorenz Kandlinger erhielten Vorwürfe, die in ihrer Wortwahl in keiner Weise zu akzeptieren sind, bestätigt auch Landrat Olaf von Löwis, der sich inzwischen selbst ein Bild von der Situation machen konnte. Er traf sich mit den beiden Jagdvorständen, dem Hochwildhegeringleiter Bernhard Greinsberger sowie Forstbetriebsleiter Lasse Weicht von den Bayerischen Staatsforsten bei einem Ortstermin in Enterrottach.
Bei dem Treffen wurde auch über die Bedeutung und die Auswirkungen von Fütterungen im Rahmen der Hege bei Rotwild diskutiert und dabei auch auf die bewährte Fütterungsrichtlinie hingewiesen. Die Ziele der Hege sind nicht nur die Erhaltung eines gesunden Wildbestandes, sondern auch die Vermeidung von Wildschäden, bzw. die Naturverjüngung des Waldes ohne Aufwuchshilfe. Rotwildfütterungen können dabei eine entscheidende Rolle spielen.
Eine Verpflichtung zur Fütterung besteht zwar nur in den Notzeiten, aber beim Rotwild muss auch berücksichtigt werden, dass die Urbanisierung es teilweise erschwert hat, dass das Rotwild im Winter in tiefere Lagen mit günstigeren Lebensbedingungen ziehen kann.
Als Notzeit wird im Allgemeinen der Zeitraum bezeichnet, in dem das Wild ein besonderes Ruhebedürfnis hat, Ernährungsengpässe entstehen könnten und bei evtl. anhaltender Notzeit die Gefahr des Verhungerns droht. Das Wild ist für den Winter zwar angepasst, weil es seinen Energiehaushalt runterfährt. Jedoch können Störungen durch z.B. unachtsame Menschen, die z.B. mit Stirnlampen abseits von Wegen und mitten durch den Wald laufen, das Wild bei der natürlichen Nahrungssuche in Schwierigkeiten bringen.
Diskutiert wurden folgende Gesichtspunkte und Vorschläge:
Unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen für das Rotwild wäre eine auf die Wintermonate begrenzte jedoch dauerhafte Erhaltungsfütterung (nicht zu verwechseln mit der Notzeitfütterung) geboten und sollte sofort ermöglicht werden. Als Futtermittel sollte sich die Fütterung auf Raufutter, wie z.B. Heu vom ersten Schnitt beschränken.
Ungeachtet der Fütterungsfrage wird der Wildbestand in einigen Revieren der Hochwildhegegemeinschaft derzeit als zu hoch angesehen. Er sollte den Hegezielen unter besonderer Berücksichtigung der Funktionsfähigkeit vorhandener Schutzwälder angepasst und das Wildtiermanagement optimiert werden. Bei der Abschussplanung sollte dies, die gesamte Hochwildhegegemeinschaft betreffend, berücksichtigt werden.
Der Ortstermin brachte folgende Erkenntnisse:
Eine Notzeit bestand im bisherigen Winter nach Einschätzung der Jagdvorstände zu keiner Zeit und besteht jedenfalls zum Besichtigungstag nicht - wie Landrat von Löwis vor Ort feststellte. Der Ortstermin diente unter anderem auch der Klärung dieser Frage, nachdem aufgrund eines Schreibens der Unteren Jagdbehörde Uneinigkeit hierüber herrschte.
Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Ersatzvornahme liegen damit derzeit nicht vor.
Missbräuchliche Wildfütterungen sind rechtswidrig und zu unterlassen. Die Untere Jagdbehörde behält sich ausdrücklich vor, gegen illegale Fütterungen von unbefugten Dritten vorzugehen.
Der Landrat fordert die Beteiligten auf, den nun begonnenen konstruktiven Dialog fortzuführen. Es sollte allen bewusst sein, dass bei der Thematik Wald/Wild/Jagd alle, d.h. Waldbesitzer, Jäger, Förster, zuständige Behörden und Tierschutz in einem Boot sitzen. Mit Streit und gegenseitigen Vorwürfen kommen wir nicht weiter. Aber damit sich etwas bewegt, müssen sich alle bewegen. Konsensfähigkeit ist nun gefordert! „Durchs Reden kommen d‘Leut zam!“